Hauptaufgabe: Patienten glücklich machen

Patient Schumagali Kaschkenow genießt das kleine Privatkonzert, das „Guest Relation Manager“ Dirk Bülow auf seinem Zimmer für ihn gibt. Die neue Funktion ist im St. Adolf-Stift geschaffen worden, um kleine Wünsche zu erfüllen, bei Problemen zur Seite steht und die Patienten etwas glücklicher zu machen. Foto: KH Reinbek
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Das Krankenhaus Reinbek hat die Funktion eines Guest Relation Manager geschaffen und intern mit Dirk Bülow den perfekten Kandidaten dafür gefunden

 

Reinbek (LOZ). Am St. Adolf-Stift in Reinbek ist gerade ein neues Berufsbild dazu gekommen: Seit Oktober verfügt das Krankenhaus über einen so genannten „Guest Relation Manager“. Patienten-Service-Leiter Moritz Kurzmann erklärt: „Dieser Begriff stammt aus dem Hotelgewerbe und beschreibt die Funktion einer Person, die sich um das Wohl der Gäste, hier also Patienten kümmert. Also kleine Wünsche erfüllt, bei Problemen zur Seite steht und sie einfach glücklich macht. Und wir haben hierfür intern den perfekten Kandidaten gefunden.“

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Mit diesem perfekten Kandidaten ist Dirk Bülow gemeint. Der 55-Jährige hat zuvor im Patiententransport gearbeitet, also Patienten von ihrem Zimmer zum Zentral-OP oder einer anderen Abteilung gefahren. Und auf dem gemeinsamen Weg schon ehrenamtlich öfter Aufgaben eines Guest Relation Manager übernommen. Er sagt: „Ich bin halt einfach der Typ dazu: Wenn mir etwas auffällt, gehe ich in das Gespräch mit den Patienten und versuche zum Beispiel ihre Ängste vor einem Eingriff zu nehmen oder einfach mal für sie da zu sein. Ich sehe ihre individuellen Bedürfnisse und möchte ihnen die Möglichkeit geben sich einem anderen Menschen mitzuteilen.“

Und reichhaltige Erfahrung und Menschenkenntnis hat der Havighorster genug. Nach mehreren Jahren im Sanitätsdienst der Bundeswehr und einer anschließenden Ausbildung zum Kinderkrankenpfleger hat er einige Jahre mit mehrfachschwerstbehinderten Erwachsenen gearbeitet. „Dann folgten 14 Jahre als Chefanimateur in einem Ferienpark in der Lüneburger Heide. So konnte ich mein großes Hobby Musik mit einem Beruf vereinen. Denn mein ganzes Leben lang habe ich auf der Bühne gestanden und Musik gemacht. Und darum habe ich auch hier im Krankenhaus immer meine Gitarre dabei.“

Aus ethischen Gründen ist Bülow vor zwei Jahren zurück ins Gesundheitswesen gewechselt: „Back to the roots. Ich wollte was im Krankenhaus machen, aber nichts mit Pflege. Da kam mir eine Ausschreibung für den Patiententransport echt gelegen. Aber nun macht der Rücken nicht mehr mit.“

Bülow singt Patienten gern zum Geburtstag ein Ständchen – wenn möglich mit dem jeweiligen Stationsteam. „Gerade neulich hat eine ältere Dame vor Freude geweint. Da geht mir das Herz auf.“ Und überhaupt knüpft man mit der Gitarre unter dem Arm schnell Kontakte. So zum Beispiel mit Schumagali Kaschkenow, der gerade Patient im St. Adolf-Stift ist und auf seine Untersuchungsergebnisse wartet. Der 70-jährige Taxifahrer schnappt sich die Gitarre und spielt gekonnt ein paar Melodien – dabei hat er seit zwei Jahrzehnten keine Gitarre mehr in der Hand gehabt. Auf seinem Zimmer angekommen spielt Bülow für den Mann einen Rocksong: Begeistert klatscht der Patient auf seine Schenkel und applaudiert am Ende für sein Privatkonzert.

Es gibt aber auch die leisen und intensiven Momente mit Dirk Bülow. So hat er als Guest Relation Manager einen Patienten wieder getroffen, den er noch aus seiner Zeit als Patienten-Transporter kannte. Er war seit Monaten im Krankenhaus und aufgrund der Erkrankung bettlägrig. „Ich habe ihn gefragt: Mensch, wollen wir nicht mal zusammen nach draußen fahren.“ Bülow hat den Mann gemeinsam mit den Pflegekräften warm angezogen und in einem Rollstuhl in den Patientengarten gefahren. „Wir haben dann für eineinhalb Stunden einfach die Zeit miteinander verbracht und dabei die Sonnenstrahlen unter den Apfelbäumen genossen.“

Sein Vorgesetzter Moritz Kurzmann weiß: „Wir sind noch in der Findungsphase und müssen das Profil seiner Aufgaben noch schärfen. Aber grundsätzlich soll Herr Bülow die Zufriedenheit der Patienten erhöhen, für Glücksmomente sorgen, sich bei Problemen einschalten, bevor es zu einer offiziellen Beschwerde kommt und einfach mit offenen Augen durch das Krankenhaus gehen. Einen orientierungslosen Besucher zu seinem Angehörigen begleiten oder einem bettlägerigen Patienten eine Zeitung von der Rezeption mitbringen. Er guckt aber auch: Sind die Flure frei und schiebt mal ein leeres Bett auf die andere Seite, flackert irgendwo eine Lampe oder gibt es sonst einen Reparaturauftrag für die Haustechnik. Herr Bülow kann die Pflegekräfte von solchen Aufgaben entlasten, denn er hat die Zeit zum Zuhören oder Kümmern, die manchmal zusätzlich zur Patientenversorgung einfach fehlt.“ Für Hinweise aus dem Team ist er darum auch dankbar, bei welchem Patienten er einfach mal vorbeischauen kann.

Es wird auch Berührungspunkte und Schnittstellen zu anderen Bereichen im Krankenhaus geben, etwa der Krankenhausseelsorge oder den Grünen Damen. Bülow: „Auf die Frage unseres Seelsorgers, wie wir unsere Aufgabenbereiche abgrenzen, habe ich ihm mit einem Augenzwinkern geantwortet: Sie sprechen mit den Patienten über Gott. Und ich spreche mit ihnen über den HSV.“

Eine weitere Aufgabe von Dirk Bülow ist es die Demenzbeauftragte des Krankenhauses bei der Betreuung von dementen Patienten zu unterstützen. Sie benötigen viel Aufmerksamkeit und eben Zeit. Gemeinsam mit der Demenzbeauftragten arbeitet er gerade an einem Projekt: In einem Aufenthaltsraum möchten sie eine Beschäftigungseinheit für an Demenz erkrankte Menschen etablieren: Etwas basteln, spielen oder singen – so wie es in Pflegeheimen schon lange angeboten wird. Damit die Patienten hinterher einfach etwas glücklicher sind.

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