Büchen (wre). Wir haben bei den Fraktionen der Gemeindevertretung nachgefragt, wie sie die Chancen und Risiken bewerten, falls die Steinkrüger Koppel in ein Gewerbegebiet umgewandelt wird.
Die Antworten von ABB, CDU und SPD (in alphabetischer Reihenfolge) stehen unter den jeweiligen Fragen.
Welche Empfehlung gibt die Fraktion zur Abstimmung?
ABB: Wir bitten alle Wählerinnen/er ab 16 Jahre zur Abstimmung, sodass es ein eindeutiges Ergebnis gibt, nachdem wir uns richten werden. Wir empfehlen die Abstimmung mit Nein, damit eine Entwicklung der guten Gewerbetreibenden nicht verhindert wird.
CDU: Die CDU Büchen gibt eindeutig die Empfehlung, die Forderung des Bürgerentscheides abzulehnen, also mit Nein zu stimmen! Wir sind für dieses Gewerbegebiet!
SPD: Die SPD hat sich mehrfach klar für das Gewebegebiet in der jetzigen, geplanten Form ausgesprochen. Wir empfehlen daher allen Bürgerinnen und Bürgern mit Nein zu stimmen. Nur wer mit Nein stimmt, entscheidet sich für die Ansiedlung von Gewebebetrieben auf der Steinkrüger Koppel.
Welche Chancen sieht die Fraktion in einem Gewerbegebiet?
ABB: Eine große Zahl von Unternehmen sucht Gewerbeflächen in einer verkehrsgünstigen Lage mit Bus und Bahn in Büchen. Die Liste ist lang und der schnelle Abverkauf vom Gewerbegebiet "Am Moorholzkamp" hat das gezeigt. Als Unterzentrum haben wir auch die Aufgabe für die umliegenden Dörfer in dem Bereich Sorge zu tragen. Das sind unsere Verbands-Partner für Kita-, Schul- und Flüchtlingsangelegenheiten etc. Die Chance ist, in der Region für Bürgerinnen/er Wertschöpfung zu schaffen.
CDU: Dieses Gewerbegebiet gibt uns die Chance, dass wir weiteres Gewerbe hier ansiedeln können und somit neben zusätzlichen Steuereinnahmen, die wir dringend brauchen, auch weitere Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze schaffen können. Arbeiten am Ort in dem wir wohnen reduziert das Pendeln zur Arbeit und zurück und schont so die Umwelt und bringt den Familien durch die so gewonnene Zeit mehr Lebensqualität.
Und es geht hier nicht nur um neue Firmen. Auch das Halten von alt eingesessenen Firmen liegt uns am Herzen. Die Firma Normteilwerk Robert Blohm GmbH braucht eine neue Fläche. Wenn sie hier nicht neu bauen kann, werden sie Büchen definitiv verlassen. Eine Sanierung ihres jetzigen Firmengeländes ist wirtschaftlich nicht darstellbar. Zudem würde die jetzige Fläche dann für Wohnungsbau zu Verfügung stehen; z.B. für mehrere Mehrfamilienhäuser.
Wir sind in der Vergangenheit schon einige Firmen Richtung Mecklenburg losgeworden. Etliche der dort Beschäftigten sind früher hier in Büchen mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren und fahren jetzt jeden Tag mit dem Auto, weil es zum Beispiel nach Gallin keine vernünftigen Alternativen gibt. Klimaschutz sieht anders aus!
SPD: Das Gewerbebetriebe aus Büchen, die zurzeit einen neuen Standort suchen, in Büchen gehalten werden können. Weiterhin natürlich die Ansiedlung von weiteren klein und mittelständischen Unternehmen in Büchen. Hinzu kommt, dass wir die einmalige Chance sehen zu zeigen, dass die Entwicklung von Gewerbeflächen auch in Einklang mit den Belangen des Naturschutzes und dem schonenden Umgang mit der Ressource „Fläche“ geschehen kann. Schon im Verfahren des Ortsentwicklungskonzeptes haben wir uns für eine begrenzte gewerbliche Entwicklung der Gemeinde auf der Steinkrüger Koppel eingesetzt. Zeitgleich wurde durch unsere Fraktion die Ausarbeitung eines „Prüfkatalog für eine nachhaltige Bauleitplanung in der Gemeinde Büchen“ angeregt. Dieser Prüfkatalog wird zurzeit in den Gremien ausgearbeitet und beraten. In Bereichen wir Wasserwirtschaft (Stichwort „Versickerung auf der Fläche“), Regenerative Energie, Flächenversiegelung etc. wird er zum Teil weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus für nachhaltiges Bauen in Büchen sorgen. Er wird auch für die Gewerbebetriebe bindend sein, die sich auf der Steinkrüger Koppel ansiedeln wollen. Hinzu kommt natürlich, dass wir als Gemeindevertretung über den mit der WfL zu schließenden städtebaulichen Vertrag, gezielt Einfluss auf die Auswahl der sich ansiedelnden Betriebe nehmen wollen.
Wie wichtig sieht die Fraktion das Gewerbegebiet in Hinblick auf Arbeitsplätze, Gewerbesteuern etc.
ABB: Es entstehen viele neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Ein Anteil des Aufkommens der Lohn- und Einkommenssteuer hieraus fließt an die Kommunen. Auch Anteile der Umsatz- und Kapitalertragsteuer. Es ist nicht nur die Gewerbesteuer, die Einnahmen und Ausgaben im Haushalt zur Deckung bringt um gemeindliche Aufgaben zu finanzieren. Vor Allem aber: Menschen finden hier einen Job, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.
CDU: Büchen ist verwaltungstechnisch gesehen ein sogenanntes Unterzentrum, was uns zu diversen Aufgaben verpflichtet, wie z.B. Schule und Kindergärten, Instandhaltung der Straßen, Wege und Radwege, um nur einige Beispiele unserer Infrastruktur zu nennen. Aber die Gemeinde "gönnt" uns allen auch eine ganze Reihe freiwilliger Maßnahmen. So unterstützen wir die Sportvereine jährlich mit finanziellen Mitteln, dass diese ihren Übungsleitern und Trainern eine regelmäßige Aus- und Weiterbildung zukommen lassen können. Wir investieren regelmäßig in die Sportstätten, inklusive Sportlerheim. Das Waldschwimmbad kostet die Gemeinde ebenfalls jedes Jahr richtig viel Geld. Aber auch das Räumen der Nebenstraßen in Büchen von Schnee und Eis, für viele eine Selbstverständlichkeit geworden, ist eine freiwillige Maßnahme unserer Gemeinde. Und dass wir eine sehr gut aufgestellte Freiwillige Feuerwehr mit hoch motivierten Kameradinnen und Kameraden haben, weiß wohl jeder.
SPD: Das sind natürlich die Hauptargumente für weitere Gewerbeansiedlung, nicht nur in der Gemeinde Büchen. Wenn wir als Gesellschaft die Energiewende und die Ziele gegen den Klimawandel erreichen wollen, funktioniert das unserer Meinung nach nur in einem breiten Konsens. Und der ist nur möglich, wenn es uns gelingt den Menschen attraktive Arbeitsplätze, gerade auch im produzierenden Gewerbe zu bieten. Energiewende, E-Mobilität, energetische Gebäudesanierung, all das sind riesige Chancen gerade für innovative kleine und mittelständische Unternehmen und Start-Ups. Wir sehen hier auch eine Verantwortung von Büchen über die Gemeindegrenzen hinaus. Büchen ist als Unterzentrum im Herzogtum ein äußerst attraktiver Standort mit einer hervorragenden Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Wenn wir nicht an solchen Standorten Arbeitsplätze entwickeln, wo dann? Der Fachkräftemangel, gerade auch im Handwerk zeigt doch, dass wir gerade für junge Menschen eine handwerkliche Ausbildung attraktiver machen müssen. Und wie würde das besser gehen, als in einem modernen, attraktiven Standort in einer Gemeinde mit hervorragender Infrastruktur?
Welche Auswirkungen auf die Umwelt werden erwartet?
ABB: Unser Einsatz hat ein nachhaltiges Gewerbegebiet zum Ziel. Es ist ein sehr schwieriger Abwägungsprozeß: Ist es ökologisch besser, wenn es eine Ackerfläche bleibt und Menschen mit Verkehrsmittel zur Arbeit auspendeln oder ist es ökologisch besser, wenn eine Gewerbefläche mit Ausgleichsflächen, Ruhezonen, Bepflanzung mit Bäumen und kurzen Wegen zum Arbeitsplatz entsteht. Wir halten Arbeitsplätze vor Ort auch für ökologisch sinnvoll. Zusätzlich zu den Anpflanzungen in dem geplanten Gewerbegebiet verfolgen wir seit Jahren eine Verbesserung von Flächen. Es werden Ausgleichsflächen erworben und ökologisch verbessert. In Pötrau werden Blühwiesen, Obstbäume und Knicks geschaffen und eine Ackerfläche wird aufgeforstet. Das letzte Teilstück der Steinau in Büchen ist hier noch nicht renaturiert. Das könnte erreicht werden. Unter dem Strich ist ein Gewinn für die Umwelt das Muss unser politischen Arbeit.
CDU: Und wenn hier auch ein gewisser Teil der Fläche bebaut wird, so halten sich die ökologischen Schäden in Grenzen. Seit Jahren steht auf diesem Acker Mais als Monokultur. Der BUND weist auf seiner Homepage eindeutig auf die ökologischen Nachteile hin, wie zum Beispiel, ich zitiere: "Mais bedeutet Herbizideinsatz", "Mais bedeutet hohe Stickstoffdüngung", "Mais auf Mais fördert Schädlinge und provoziert Insektizideinsatz", "Maisanbau gefährdet Schmetterlinge und Insekten".
Es profitiert also auch die Steinau, wenn hier in Zukunft keine Chemie oder Gülle mehr in den Boden eingebracht wird.
SPD: Wenn man eine Fläche, und sei es nur ein Acker, der zurzeit konventionell bewirtschaftet wird, bebaut, versiegelt man erst einmal Fläche. Und da unversiegelte Flächen ein knappes Gut ist, schadet jede Bebauung von unversiegelter Fläche erst einmal der Natur. Ganz egal, ob ich meine Hofeinfahrt pflastere, ein Carport baue, ein Mehrfamilienhaus baue oder ein Gewerbegebiet erschließe. Insofern muss bei Bebauungsplänen immer Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen werden. Wir haben uns aus den oben genannten Gründen für den Bebauungsplan entschieden. Wir halten den Eingriff in die Natur durch die vielen Ausgleichsmaßnahmen und die Auflagen für nachhaltiges Bauen für vertretbar. Nicht zuletzt würden mit der Renaturierung der Steinau in direkter Nachbarschaft zum Gewerbegebiet auch Sünden an der Natur aus der Vergangenheit wieder geheilt.
Welche Auswirkungen werden in Hinblick auf den Verkehr in Büchen erwartet?
ABB: Den innerörtlichen Verkehr sehen wir kritisch, aber wir sehen die Generierung von Verkehr auch an unseren bestehenden, innerörtlichen Gewerbestandorten. Hier legen wir das Gebiet an den äußeren Rand der Gemeinde, wo an der Kreisstraße schon drei Gebiete liegen. Unsere Gewerbegebiete legen wir an übergeordnete Kreisstraßen oder sogar eine Landestraße, damit Verkehre gut fließen. Wir wollen, wie das Gewerbegebiet Hesterkamp auch, das neue Gewerbegebiet durch eine Bushaltestelle für den ÖPNV erschließen.
CDU: Die Verkehrsentwicklung und -führung ist durch die Bahnlinien, die Tunnel sowie insbesondere den Kreuzungen im Bereich „Zwischen den Brücken“ ein langfristiges Problem. Dieses sehen wir aber losgelöst von der aktuellen Debatte um das Gewerbegebiet. Das Gewerbegebiet liegt strategisch günstig am Ortsrand und direkt an einer Kreisstraße und bietet somit eine bestmögliche Verkehrsanbindung.
SPD: Auch hier ist klar, dass durch zusätzliches Gewerbe zusätzlicher Verkehr entstehen wird. Um das auf ein erträgliches Maß zu begrenzen, ist es ja unser Ziel, über den städtebaulichen Vertrag Einfluss auf das sich ansiedelnde Gewerbe zu nehmen. So wird es mit der jetzigen und ich gehe stark davon aus, auch mit der zukünftigen Gemeindevertretung eben kein Logistik-Unternehmen an der Steinkrüger Koppel geben. Und in Sachen Verkehr muss man sich vielleicht auch einmal an die eigene Nase fassen. Um den Verkehr in Büchen zu verringern, sehen wir durchaus große Potenzial im Bereich des innerörtlichen Verkehrs. Nicht jede Fahrt zum Einkaufen, zum Bäcker, zum Sport oder mit den Kindern zu Schule muss mit dem Auto erfolgen. Auch hier ist die Gemeindevertretung mit dem gerade beschlossenen Radverkehrskonzept auf einem guten Weg.