Geesthacht (LOZ). „Im Ganztagsprogramm unserer Geesthachter Grundschulen werden wir uns an den Aktionswochen beteiligen – und zwar mit einem Theaterprojekt“, kündigt Kaja Hoffmann, pädagogische Leitung des Ganztags an, die dem Fachdienst Schule der Geesthachter Stadtverwaltung angehört. „Wir werden dabei nicht konkret sexuelle Gewalt in den Mittelpunkt stellen, sondern wir werden über das Thema Gefühle sprechen und die Kinder dafür sensibilisieren, was ein gutes Gefühl ist und wie sich ein schlechtes Gefühl bemerkbar macht.“
Am Dienstag, 30. September, kommt dafür die Theaterpädagogische Werkstatt aus Osnabrück an die Buntenskampschule. Geplant sind insgesamt vier Vorstellungen des Stücks „Die große Nein-Tonne - Eine Entdeckungsreise in die eigenen Gefühle“, zu denen alle Kinder der zweiten Klasse eingeladen werden. Grundaussage des kindgerechten Stücks:
„Ich sage: Nein!
Was sich blöd anfühlt,
muss nicht sein.
Ich will wieder
glücklich sein.
Deckel auf und rein!“
Und jetzt zum Inhalt - Was erwartet die Kinder auf der Bühne?
Alles, was blöde Gefühle macht, entsorgen die beiden Kinder der Geschichte in einer großen Tonne.
Zusammen überlegen sie, was sie loswerden möchten. Zähneputzen? Fernsehzeiten? Pünktlich sein? Obwohl die Zwei all das nicht mögen, sehen sie ein: Manche Regeln machen Sinn – und gehören deshalb nicht in die Tonne. Aber sie erzählen auch von Erlebnissen, die beide richtig sauer machen.
Zum Beispiel neulich: Da wollte Papa einfach bestimmen, dass die Suppe nicht zu heiß ist, um gegessen zu werden. Und da sind sich die Kinder einig: Du kannst immer nur für dich selbst sprechen und einfach nicht wissen, was ich zu warm oder zu kalt, zu leicht oder zu schwer, zu langweilig oder zu gruselig finde… „Das will ich aber nicht! Das macht mir Angst! Nein, damit fühle ich mich gar nicht wohl! - Sätze wie diese hören Kinder nur selten aus dem Mund ihrer Eltern und anderer Erwachsener. Und das ist wirklich schade. Denn indem die Großen ihre negativen Emotionen kontrollieren und teilweise sogar ganz verbergen, versäumen sie, den Kleinen den Umgang mit diesen Gefühlen vorzuleben. Aber so entgeht Kindern eine wesentliche Lektion fürs Leben:
Nur wer seine Empfindungen wahrnehmen, zulassen und äußern kann, hat die Chance, eine starke und selbstbestimmte Persönlichkeit zu entwickeln“, heißt es in dem Informationspapier der Theaterpädagogischen Werkstatt zu dem Theaterstück. „Mit dem Programm Die große Nein-Tonne sensibilisieren wir Jungen und Mädchen deshalb schon sehr früh für ihre Gefühle und Ängste und nehmen ihre Zu- und Abneigungen ernst. Wir wollen, dass sie in Zukunft laut und deutlich Nein! sagen, wenn jemand ihre persönlichen Grenzen überschreitet. Nicht zuletzt deshalb bereitet Die große Nein-Tonne Kinder auch auf das Thema sexualisierte Gewalt vor.“
Zur weiteren Einordnung: Ein bis zwei Kinder in jeder Schulklasse sind statistisch gesehen von sexueller Gewalt betroffen, das ist das Ergebnis einer Erhebung der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2013. „Auch wenn die Zahlen je nach Region natürlich stark variieren, teilen viele Fachkräfte diese Einschätzung über die grundsätzliche Dimension des Problems“, schildert Ole Märtens. Er ist Mitarbeiter der Kreisverwaltung Herzogtum Lauenburg, dort zuständig für erzieherischen Kinder- und Jugendschutz und Koordinator des Aktionsmonats.
Laut Märtens bleibt es nach wie vor ein großes Problem, dass viele Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche nicht zur Anzeige gebracht werden. „Studien zeigen, dass nur rund 20 bis 30 Prozent aller Taten überhaupt angezeigt werden. Sehr viele Übergriffe bleiben damit unsichtbar.“
Um die Prävention zu stärken und Betroffenen Hilfsmöglichkeiten aufzuzeigen, haben Fachkräfte verschiedener Institutionen für September 2025 die Aufklärungskampagne geplant, mit einer Vielzahl von Veranstaltungen im gesamten Kreisgebiet. „Ziel ist es, Betroffene besser zu erreichen, das Schweigen zu brechen, Fachkräfte und Ehrenamtliche zu schulen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren“, erklärt Märtens.
„In Vorbereitung der Aktionskampagne haben sich die Beratungs- und Hilfsinstitutionen intensiv mit den Hilfsmöglichkeiten für Opfer sexueller Gewalt auseinandergesetzt und sich untereinander vernetzt. Deshalb hoffe ich, dass diese Netzwerke auch über den Aktionsmonat hinaus bestehen bleiben um Kinder und Jugendliche in unserem Kreis noch besser zu schützen und derartige Taten häufiger zur Anzeige gebracht werden“, sagt Märtens.
Das ganze Programm des Aktionsmonats sowie weitere Informationen finden sich unter www.kreis-rz.de/schutz25
Unter anderem sind folgende Institutionen im Kreis Herzogtum Lauenburg fachlich am Aktionsmonat beteiligt:
- fjh - Freie Jugendhilfe e.V.
- Kreis Herzogtum Lauenburg mit mehreren Fachdiensten inklusive Schulamt
- Stadt Geesthacht
- Kirchengemeinde St. Georgsberg / Ratzeburg
- Kreisfachberatung Schulische Erziehungshilfe
- Kreisjugendring Herzogtum Lauenburg
- Polizeidirektion Ratzeburg
- proFamilia / Geesthacht