Lauenburg (LOZ). Keine Horrorbilder, dafür aber ein ganzer Schwung an überraschenden Informationen erwartete die Besucherinnen und Besucher vergangenen Freitag im Haus der Begegnung in Lauenburg. Die SPD hatte zu einem Infoabend über Tierversuche in der Medikamentenforschung eingeladen und dafür die wissenschaftliche Referentin und Tierärztin Dr. Gaby Neumann vom Verein “Ärzte gegen Tierversuche e.V.” gewinnen können. Politisch flankiert wurde der Abend von der Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer.
Von Anfang an stellte Dr. Neumann klar: Es geht ihr heute Abend nicht um Moral, sondern um Wissenschaft. Was viele als gegeben hinnehmen, nämlich Tierversuche als notwendiges Übel, hinterfragte sie kritisch und präsentierte eine Gegenposition. In ihrem rund 90-minütigen Vortrag stellte sie die Geschichte der Tierversuche dar, deren Schwächen, aber auch und vor allem die Alternativen dazu.
“Von den im Tierversuch als wirksam eingestuften Medikamenten fallen beim Menschen anschließend 90 Prozent durch und in nur rund 43 Prozent der Fälle konnte ein Versuch an typischen Versuchstieren die Nebenwirkungen am Menschen korrekt vorhersagen. Ein Münzwurf ist verlässlicher”, fasste Neumann einen Kern der Problematik der Tierversuche zusammen. Es gebe einfach schon zu viele Unterschiede zwischen verschiedenen Menschen, umso krasser seien die Unterschiede zwischen Mensch und Tier. “Den Tieren werden Symptome, die menschliche Krankheiten imitieren sollen, künstlich zugefügt, um dann zu sehen, ob ein Medikament wirkt”, stellt die Tierärztin klar. Dabei können Tiere die eigentliche Krankheit in vielen Fällen gar nicht entwickeln.
Drei Gründe sind für die Tierärztin entscheidend, um Tierversuche in der Medikamentenforschung für den Menschen endlich zu beenden: Die biologischen Unterschiede zwischen Mensch und Tier, die Tiermodelle und die unnatürlichen Laboreinflüsse. Ein klarer Auftrag ging dabei an die Politik. Die müsse dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen stimmen: Das Karrieresystem in der Wissenschaft gehört auf den Prüfstand, die Validierung tierversuchsfreier Methoden für die Wissenschaft beschleunigt und die finanzielle Förderung umverteilt.
Die Alternativen zur Nutzung und vielfachen Tötung von über vier Millionen Tieren jährlich in der Medikamentenforschung sind vielfältig. Mini-Organe, Multi-Organ-Chips, Bevölkerungsstudien, Micro-Dosing, Computersimulationen - die Liste an Alternativen zu Tieren ist lang. Dr. Neumann gab dazu ein besonders eindrückliches Beispiel: “Während Aspirin beim Menschen keinen schädlichen Einfluss auf das Ungeborene hat, kommt es bei Katze, Hund, Affe, Maus, Kaninchen und Ratte zu Missbildungen bei den Nachkommen. Penicillin ist tödlich für Meerschweinchen und Kaninchen, dagegen mitunter lebensrettend für Menschen. Paracetamol verursacht Krebs bei Nagetieren und ist giftig für Katzen. Alle drei sind aus der modernen Medizin aber nicht wegzudenken und wären in heutigen Tierversuchsstudien durchgefallen.”