Ratzeburg (LOZ). Den demografischen Wandel aktiv gestalten, diese Aufgabe hat sich die Stadt Ratzeburg im Zuge ihrer Mitgliedschaft im bundesweiten Netzwerk 'Engagierte Stadt' gestellt und unter der Bezeichnung "Demografische Stadtplanung" konkret angestoßen. Nachdem sich in 2023 eine Steuerungsgruppe aus lokalen Fachleuten zu diesem Zukunftsthema gegründet und eine Bürgerwerkstatt Ziele dieser Stadtplanung entwickelt hat, konnten 2024 mit dem Start eines Seniorentreffs im Stadtteil St. Georgsberg und begleitenden Angeboten in der Stadtbücherei, erste Schritte auf dieser Langstrecke erfolgen.
Das Bild des Marathons ist dabei bewusst gewählt. Den demografischen Wandel zu planen, bedeutet nichts weniger als die Stadtentwicklung bis weit in die 2050er Jahre zu projizieren und die zukünftigen Bedarfe für jene Bevölkerungsgruppen zu ermitteln, die heute selbst noch im Arbeitsleben stehen und sich auf einen nahenden Ruhestand freuen.
Eine solch weitreichende Planung, wie man sie für den demografischen Wandel zugrunde legen muss, braucht eine fundierte Datengrundlage. Für das Thema des demografischen Wandels ist dies vor allem die kleinräumigen Bevölkerungsprognose des Kreises Herzogtum Lauenburg. Sie wurde 2018 für die Regional- und Kreisentwicklung erstellt und ermöglicht schon einmal eine Projektion bis ins Jahr 2030. Hieraus lassen sich auch für Ratzeburg Tendenzen der Bevölkerungsentwicklung ableiten. So lässt sich beispielsweise feststellen, dass bei der Gruppe der 65-Jährigen und Älteren mit einem Zuwachs von rund 23 Prozent, in der Summe rund 850 Menschen, zu rechnen sein wird. Die Gruppe der unter 20-Jährigen wird stagnieren. Projektionen sind ebenfalls schon möglich zur zukünftigen Entwicklung von Pflegeangeboten. Diese sind allerdings alarmierend, da sie vor allem einen immer größer werdenden Fachkräftemangel zeigen und damit einhergehend einen Rückgang von Pflegeangeboten.
Was das allerdings für das Leben in den Stadtquartieren bedeutet, wie sich dort das nachbarschaftliche Leben zukünftig entwickeln wird, können diese Prognosen natürlich nicht zeigen. Hier bedarf es vertiefender Analysen zum sozialen Gefüge der Stadtquartiere. Wie sehen dort die Altersstrukturen aus? Wie der Baubestand, die Nahversorgung oder die Mobilitätsangebote? Welche Räume für soziale Begegnung sind vorhanden? Hier eine belastbare Datenlage zusammenzutragen ist eine herausfordernde Aufgabe und nur mit erheblichem Aufwand zu leisten. Umso mehr freut sich die Stadt Ratzeburg, dass sie auf ihrem Weg zu einer "Demografische Stadtplanung" jetzt Unterstützung durch junge Studierende der Technischen Hochschule Lübeck bekommen. Eine Studentengruppe der Fachrichtung "Bachelor Stadtplanung" um Prof. Dipl.-Ing. Frank Schwartze hat sich bereit erklärt, die Stadt bei diesen Datenerhebungen zu unterstützen.
Aufmerksam wurden sie durch eine Anfrage der Ratzeburger Stadtplanerin Kim Koop, die selbst dort ihr Studium absolviert hat. Sie berichtete ihrem ehemaligen Professor von der besonderen Aufgabenstellung in ihrem Arbeitsbereich. Das stieß dort spontan auf großes Interesse und es wurde an der Fachhochschule die Idee entwickelt, im Zuge einer studentischen Arbeit das Projekt "Demografische Stadtplanung" in Ratzeburg zu unterstützen. Konkret haben die Studierenden vor, auf Basis der entwickelten Ziele Daten zur Ist-Situation in den Stadtquartieren zusammenzutragen und daraus Vorschläge für zukünftige Maßnahmen zu erarbeiten, die zur Bewältigung des demografischen Wandels in Ratzeburg beitragen können.
Bürgermeister Eckhard Graf und Bauamtsleiter Michael Wolf zeigten sich von diesem Angebot begeistert. Auf einem ersten gemeinsamen Treffen im Ratssaal des Rathauses wurde jetzt der offizielle Start dieser Projektarbeit verkündet. Die Studierenden erhielten einen Einblick zu den Vorstellungen, die sich in der Stadtverwaltung mit dem Begriff der "Demografische Stadtplanung" verbinden. Es ist ein interdisziplinärer Ansatz, der Stadtplanung und die Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements ganz im Sinne der des Netzwerkes "Engagierte Stadt" verbindet. Auch von dort´, von anderen "engagierten Städten" mit der gleichen Aufgabenstellung, sollen Impulse in die Ratzeburger Stadtplanung zum demografischen Wandel fließen. Es wird eine Langstrecke mit vielen Etappen.