Mölln/Elmenhorst (LOZ). 32 Grad im Schatten. Die Hitze flimmert über den Asphalt. Pilot Wolfgang Beyersdorf rollt in seiner viersitzigen Mooney M 20 über die Startbahn des Lübecker Flughafens, gibt Vollgas und hebt ab in die Lüfte. Mit an Bord des Leichtflugzeugs ist Adam Möller. In 600 Metern Höhe und wolkenlosem Himmel drehen die beiden Männer in offizieller Mission eine ausgedehnte Runde über den Kreis Herzogtum Lauenburg. Wolfgang Beyersdorf und Adam Möller sind Feuerwehrmänner und engagieren sich beim Feuerwehrflugdienst Holstein.
Während Wolfgang Beyersdorf als erfahrener Hobbypilot seine Mooney an diesem heißen Sommertag sicher durch so manches Luftloch navigiert, hält Adam Möller auf dem Co-Pilotensitz bei brütender Hitze und Waldbrandstufe drei Ausschau nach Rauchwolken.
„Durch lange Trockenperioden, wie wir sie in den vergangenen Jahren öfter hatten, steigt die Gefahr von großflächigen Bränden in der Fläche und in den Wäldern“, sagt Adam Möller. Der Kreis verfügt mit dem 70 Quadratkilometer großen Sachsenwald über das größte zusammenhängende Waldgebiet in Schleswig-Holstein, 26 Prozent der Gesamtfläche ist bewaldet – da ist die Gefahr besonders groß. Und je früher ein Feuer entdeckt wird, umso besser kann es bekämpft werden.
An diesem Juli-Tag gibt Möller Entwarnung: „Bei unserem Kontroll- und Übungsflug haben wir kein Feuer entdeckt.“ Der Feuerwehrmann aus Wentorf (Sandesneben) ist seit diesem Jahr der neue Fachwart für den Feuerwehrflugdienst im Kreis Herzogtum Lauenburg. Für das Amt ist der 56-Jährige prädestiniert. 17 Jahre lang flog er als Notfallsanitäter im Rettungshubschrauber. Turbulenzen und Luftlöcher, aber auch schwierige Einsätze bringen ihn nicht so schnell aus der Ruhe.
Flugdienst kann Feuer schneller orten und Bodenkräfte von oben unterstützen
Mit schwierig sind in diesem Fall unübersichtliche Einsatzlagen gemeint. „Dann ist der Flugdienst für die Einsatzkräfte auf dem Boden ein zusätzliches Unterstützungselement und liefert wichtige Informationen für ein umfängliches Lagebild“, sagt Sven Stonies, Kreiswehrführer im Herzogtum Lauenburg. Aus der Luft könne das Feuer schneller und genauer geortet und mögliche Wasserentnahmestellen erkannt werden. Zudem können die Bodenkräfte im besten Fall über Funk gewarnt werden, wenn Zufahrtswege abgeschnitten sind oder die Windrichtung dreht. Einsatzszenarien sind großflächige Wald- und Moorbrände, aber auch Deichbrüche, Hochwasserlagen, Gewässerunfälle und Schneenotlagen.
Vor mehr als zwei Jahren hat sich Stonies für einen Flugdienst im Kreis stark gemacht. Bei der Entscheidung spielten auch die Erfahrungen aus dem Sommer 2019 eine Rolle. Damals wütete eine ganze Woche lang im benachbarten Kreis Ludwiglust auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz in Lübtheen ein Großfeuer. Rund 3.000 Feuerwehrleute – darunter auch viele aus dem Kreis Herzogtum Lauenburg – halfen bei den Löscharbeiten.
Im Jahr 2022 gründeten die Kreise Herzogtum Lauenburg, Stormarn und Segeberg den gemeinsamen Flugdienst Holstein. Segeberg und Stormarn konnten auf dem Feld bereits auf mehr als 50 Jahre Erfahrungen zurückblicken, die in die Kooperation einflossen. „Mit drei Kreisen sind wir nun personell und finanziell noch besser aufgestellt“, bringt es Johannes von Kiedrowski, Kreisfachwart für den Feuerwehrflugdienst im Kreis Segeberg, auf den Punkt. Die kreisüberschreitende Zusammenarbeit mit Freiwilligen aus 20 Wehren klappe hervorragend, sagt der Feuerwehrmann aus der Gemeinde Boostedt bei Neumünster.
Neun Piloten – vier aus den eigenen Feuerwehrreihen – sind für den Flugdienst im Einsatz. Unterstützt werden sie von 30 Flugbeobachtern, die auf dem Co-Piloten- und Passagiersitz die Navigation, das Funken und die Beobachtung übernehmen. „Das sind alles erfahrene Feuerwehrleute, die dafür eine Zusatzausbildung absolviert haben“, sagt Fabian Woggan, Fachwart für den Feuerwehrflugdienst im Kreis Stormarn.
Ulrike Blankenstein ist eine von zwei Frauen im Flugdienst. Für die Feuerwehrfrau aus Negernbötel (Kreis Segeberg) ist als Flugbeobachterin ein kleiner Traum in Erfüllung gegangen. Nachdem sie im Griechenlandurlaub ein Löschflugzeug im Einsatz gesehen habe, sei dieser Wunsch gereift.
Mit Löschflugzeugen ist der hiesige Flugdienst zwar noch nicht unterwegs, „für die Zukunft würde ich das angesichts des Klimawandels aber nicht ausschließen“, sagt Johannes von Kiedrowski.
Feuerwehrflugdienst Holstein ist im Einsatzfall innerhalb von einer Stunde in der Luft
Im Gegensatz zum niedersächsischen Feuerwehrflugdienst verfügt der Holsteiner über keine eigenen Flugzeuge. Für die Übungsflüge und im Einsatzfall chartert er Kleinflugzeuge vom Typ Pieper, Mooney und Cessna. „Das ist in der Regel kein Problem und eine kostengünstigere Variante. Innerhalb von einer Stunde, meist sogar noch schneller, sind wir abflugbereit“, sagt Fabian Woggan. Besonders viel Zeit spart der Flugdienst mit der aktuellen Umstellung auf die digitale Routenplanung ein.
Gestartet wird von den Flugplätzen in Lübeck, Neumünster, Uetersen, Wahlstedt und Hamburg-Fuhlsbüttel. „Von den Flugplätzen können wir innerhalb von 40 Minuten am entferntesten Zipfel des 3.,400 Quadratkilometer großen Gebietes sein“, sagt Adam Möller. Die Kreiswehrführung entscheidet je nach Einsatzlage, ob der Flugdienst hinzugezogen wird.
In diesem Sommer musste der Flugdienst Holstein noch für keinen Einsatz abheben, auch im vergangenen Jahr blieben die Landkreise aufgrund der recht feuchten Witterungsverhältnisse von großen Wald- und Flächenbränden verschont. Was nicht heißt, dass das auch in Zukunft so bleibt. Wie wertvoll der Flugdienst bei Großschadenslagen und Katastrophen ist, hat das Innenministerium Schleswig-Holstein anerkannt: Seit August 2023 ist der Flugdienst eine offizielle Einheit im Katastrophenschutz.