Pastor Frank Gottschalk ist Leiter der TelefonSeelsorge in Lübeck. Foto: Modrow
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Pastor Frank Gottschalk spricht von besorgniserregender Entwicklung

 

Lübeck (bm). Die TelefonSeelsorge ist seit jeher ein niederschwelliges Angebot, das Menschen in Krisensituationen anonym und kostenfrei Hilfe bietet. Doch die zunehmende gesellschaftliche Verrohung macht auch vor der Seelsorge nicht Halt. Frank Gottschalk, Pastor und Leiter der TelefonSeelsorge, spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung.

„Wir erleben vermehrt Anrufe, bei denen unsere Ehrenamtlichen mit Aggression und Provokation konfrontiert werden. Manche Menschen missbrauchen die Anonymität, um ihren Frust abzubauen und unsere Mitarbeitenden zu beschimpfen“, sagt Frank Gottschalk.

Aggressionen und Provokationen am Telefon

Diese Entwicklung spiegelt eine allgemein raue Stimmung in der Gesellschaft wider, so Gottschalk. „Das Klima ist unversöhnlicher geworden, die Wortwahl schärfer, der Ton rüder. Das erleben wir nicht nur bei der TelefonSeelsorge, sondern auch im Alltag – im Supermarkt, an der Bushaltestelle oder im Straßenverkehr. Sogar Rettungskräfte werden im Einsatz attackiert.“

Als eine der Ursachen sieht Gottschalk die Corona-Nachwirkungen. „Die Pandemie war für viele Menschen eine Phase des Kontrollverlusts. Angst und Hilflosigkeit haben sich in Wut und Aggression verwandelt. Das wirkt bis heute nach – nicht nur im persönlichen Bereich, sondern auch gesellschaftlich und politisch.“

Die aktuellen multiplen Krisen verschärfen die Situation. „Wir leben in einer Zeit der Polykrise: Ukraine-Krieg, Nahost-Konflikt, Klimawandel, wirtschaftliche Unsicherheit – viele Menschen sind überfordert. Wenn die Belastung zu groß wird, schlägt sie oft in Aggression um. Gleichzeitig wächst die Sehnsucht nach einfachen Lösungen, die es in einer so komplexen Welt jedoch nicht gibt.“

Krisen verschärfen die Situation

Trotz dieser Herausforderungen bleibt die TelefonSeelsorge ein verlässlicher Anker für Hilfesuchende. Doch auch die Seelsorgerinnen und Seelsorger brauchen Schutz. „Unsere Ehrenamtlichen müssen sich abgrenzen können. Wenn ein Anrufer beleidigend wird, ist es wichtig, klare Grenzen zu setzen und das Gespräch zu beenden. Seelsorge bedeutet nicht, sich alles gefallen zu lassen – Selbstfürsorge ist ein essenzieller Bestandteil unserer Arbeit.“

An sieben Tagen in der Woche, an 365 Tagen im Jahr, stehen die 60 Ehrenamtlichen der TelefonSeelsorge in Lübeck bereit. Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeitenden allein in der Hansestadt mehr als 13.600 Gespräche entgegengenommen. Die bundesweit 104 TelefonSeelsorgen haben 2024 etwas mehr als 1,3 Millionen Gespräche geführt.

Mehr als 13.600 Telefonate pro Jahr

Um langfristig helfen zu können, setzt die TelefonSeelsorge auf gegenseitige Wertschätzung und Teamstärkung. „Nur wenn wir auf uns selbst achten, können wir für andere da sein“, betont Gottschalk. „Die Resilienz unserer Ehrenamtlichen ist entscheidend, damit wir auch in schwierigen Zeiten ein offenes Ohr für Menschen in Not haben.“

Die Telefonseelsorge Lübeck ist täglich 24 Stunden unter der Telefonnummer 0800/ 111 0 111 oder 0800/ 111 0 222 kostenfrei und anonym erreichbar.

Kurznachrichten aus der Region


 

Beratung des Pflegestützpunktes in Wentorf
Der Pflegestützpunkt im Kreis Herzogtum Lauenburg bietet jeden 2. Donnerstag im Monat im Rathaus, Hauptstraße 16, von 14 bis 16 Uhr, individuell, kostenfrei und unabhängig Beratungen rund um das Thema Pflege und Vorsorge an. Lars Koßyk vom Pflegestützpunkt Im Kreis Herzogtum Lauenburg nimmt sich Zeit für vertrauliche Gespräche, berät zu den bestehenden Angeboten und unterstützt bei der Organisation von Hilfen. Persönliche Beratungen vor Ort sind nur unter telefonischer Terminvereinbarung vorab unter Einhaltung der Hygieneregeln möglich. Der Pflegestützpunkt ist telefonisch erreichbar unter 04152 / 80 57 95 oder per E-Mail unter info@pflegestuetzpunkt-herzogtum-lauenburg.de


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